Trigoniidae - was ist das?

von Anke Vöge

houlgate Myophorella clavellata (SOWERBY)

In der Normandie (Frankreich) habe ich 2007 in dem Küstenabschnitt zwischen Villers-sur-Mer und Houlgate mehrere Trigoniidaen am Strand aufsammeln können. Sie versprachen, da gut von der Matrix umschlossen, einen guten Erhal-tungszustand. Obwohl ich von vielen Sammlern schon oft den Rat bekommen habe, sie gleich vor Ort zu belassen, weil sie schlecht oder gar nicht präparierbar, habe ich mir einige Exemplare zum "üben" mitgenommen. Die Trigonien stammen aus dem Jura, Malm, mittl. Oxfordium und dort aus der 15 bis 18 m starken Myophorella - Arctostrea Schicht. An den Knotenreihen auf den Flanken ist erkennbar, dass es sich um die Gattung Myophorella handelt. Sie gehören zu der Familie der Trigoniidaen. Das Gestein ist härter als die Schale der Tiere und die Präparation dadurch wirklich mit Fingerspitzengefühl verbunden. Nach gründlicher Wäsche habe ich mit ca. 2 bar die Schale mit dem Druckluftstichel (Zeit pro Muschel 2 Std.) freigelegt, danach wurden sie mit Kaliumhydroxyd bearbeitet, neutralisiert und mit Tiefgrund versiegelt. Mir ist es sogar gelungen, drei Schalen auch von innen frei zu legen um einen Blick auf das massive Schloss zu ermöglichen. Ich war begeistert, wie schön die Trigonien sind, und das hat mich neugierig gemacht und viele Fragen aufgeworfen:

Seit wann gibt es Trigonien? Sind sie Leitfossilien? Gibt es sie rezent? Wie und wo leben oder lebten sie?

Gott sei Dank haben wir in Manfred Liebig, einen Muschel- und Schnecken Experten in der Gruppe, der mir und sicherlich vielen Anderen die offenen Fragen beantwortet kann. Manfred erklärt uns nachfolgend die Entwicklung und die wichtigsten Merkmale der Trigonien.

trigonia 1 Zwei Klappen von Myophorella clavellata, Breite 90 mm
trigonia 2 Schlossseite von Myophorella clavellata

 


Trigonia ist ...

von Manfred Liebig

myophorella clavellata Myophorella clavellata (SOWERBY), Breite: 40 mm myophorella lusitanica Myophorella lusitanica (SHARPE), Breite: 50 mm

 

Die Trigoniidae ist die einzige rezente Familie der Trigonioidea, einer Überfamilie der Schizodonte. Die Überfamilie Trigonioidea bildet die Ordnung Trigonida.

Dank der Präparation von Anke ist das Schloss gut zu erkennen, es hilft die Muschel einzuordnen. Die Zähne sind gespalten, sie gehören also zu den Spaltzähnern, den Schizodonta, dem Synonym zu Palaeoheterodonta = "alte Verschiedenzähner". Ein großer, dreieckiger Kardinal- oder Hauptzahn in der linken Klappe; gespaltener, v-förmiger Hauptzahn in der rechten Klappe. Anders ausgedrückt: Ein mittlerer gespaltener Zahn der linken Klappe greift in die dreieckige Zahngrube der rechten Klappe, die durch zwei vergrößerte Hauptzähne gebildet wird. An den Zähnen sind zusätzlich Riefen und Kerben als Gelenkhilfe vorhanden. Kräftige, abgerundete Schalen bilden das Gehäuse der Trigonioidea. Es ist gleichklappig, heteroconch, Wirbel spitz, hoch aufragend, nach vorn (opisthogyr) oder hinten (opisthogyr) gekrümmt. Die Mantellinie ist integripalliat, also glatt, ohne Ausbuchtung. Relativ kleine Schließmuskeln, gleich groß, liegen dicht am Schloss. Die Kiemen sind filibrachiat, nur am Rande verwachsene Kiemenfäden, fossil überliefert bei Laevitrigonia aus dem Jura.

Die Trigonioidea kommt mit mehreren Familien seit dem Obersilur bis heute vor, über 400 Mill. Jahre. Ältester Vertreter ist Silurozodus aus dem Wenlockium des Silur. Die Lebensweise ist aktiv grabend in sandigen, instabilen Böden flacher Meere. Die Trigoniidae sind, wie bereits am Anfang erwähnt, die einzige rezente Familie der Trigonioidea. Sie entstanden im Perm und sind mit über 250 Mill. Jahren eine recht langlebige Tiergruppe.

Die Blütezeit lag im Mesozoikum (Jura/Kreide). Sie waren im warmen Flachwasser der Tethys die vorherrschende grabende Muschel. Sie erinnern in manchen Beziehungen an die rezenten Cardiidae und werden daher auch manchmal Herzmuschel des Mesozoikum genannt. Auffällig ist die Zweiteilung der Seitenansicht der Trigoniden. Die Flanke zeigt konzentrische Rippen, die in Knotenreihen aufgelöst sein können. Eine deutliche Kante trennt sie von der breiten Area, die ebenfalls zweigeteilt ist. Bei Trigonia mit kräftiger Skulptur, bei Myphorella glatt bzw. querlaufenden Furchen, ohne radiale Elemente. Die Area ist das hinter den Wirbeln gelegene Feld der Muschelschale. Zu der Familie der Trigoniidae gehören neben der Bereits erwähnten Trigonia und Myophorella unter anderen Ptettriginia mit langgezogenem Hinterende und Scaphotrigonia mit schmaler Furche auf der Area und fast senkrechten Flankenrippen.

Die namengebende Gattung Trigonia, ist nur fossil von der mittleren Trias bis zu unteren Kreide bekannt. In der späten Kreide starben die Trigoniiden fast aus, von den ca. 69 Gattungen überlebte Gattung Neotrigonia mit mehreren Arten in australischen Gewässern. Die Tiere leben in Tiefen von 70 bis 100 m, im sandigen Segment eingegraben, mit dem Hinterrand parallel oder etwas über der Sedimentoberfläche. Neotrigonia ist sehr aktiv und in der Lage, kraftvolle Sprünge zu machen. Muscheln sind selten als Leitfossilien im klassischen Sinne verwendet worden. Trigonioida werden zur Unterteilung des Jura und der Kreide genutzt. Aus Trigonien entwickelten sich wahrscheinlich die Unioidea, die Malermuschel des Süsswassers.

 

trigonia costata Trigonia costata (PARKINSON), Breite: 48 mm
trigonia interlaevigata Trigonia interlaevigata, B 35 mm
trigonia elongata

Trigonia elongata (SOWERBY), linke Klappe, B 40 mm

neotrigonia bednalli

Neotrigonia bednalli (VERCO), rezent, B 28 mm