Die Solnhofener Plattenkalke

Text: Klaus Vöge

Bilder: Gerald Mahn und Klaus Vöge

Nachdem uns Gerald jahrelang seine tollen Stücke aus den Solnhofener Plattenkalken präsentiert hat, wollten wir auch einmal die schönen Fische finden. So wurde schon lange im Voraus die Herbstreise 2013 geplant. Wir waren fünf Personen (Gerald Mahn, Solveig und Karsten Witteck, Anke und Klaus Vöge) und haben zwei Ferienwohnungen in Mühlheim (südl. Solnhofen) gebucht. Die Fahrt verlief mit einer Frühstückspause sehr ruhig und gelassen. Überrascht waren wir über „Solnhofen“.

Diese Ortschaft kennt ja wirklich jedermann, obwohl er sehr klein ist. Solnhofen ist untrennbar mit dem berühmten Naturstein Solnhofener Plattenkalk, der Lithographie von A. Senefelder und dem Urvogel Archaeopteryx verbunden. Der intensive Abbau der Plattenkalke begann 1798 mit der Erfindung von Alois Senefelder, der Lithographie. Das ist die Nutzung der Plattenkalke als Druckplatten für Bilder bei der, der Gegensatz von Fett und Wasser genutzt wird. Hieraus gingen der Flachdruck und später der Offsetdruck hervor, ein noch heute gebräuchliches Druckverfahren.

Aufgrund des intensiven Abbaus der Lithographieplatten wurden auch die Fundmöglichkeiten für Fossilien verbessert. 1861 wurde dann der erste Urvogel (Archaeopteryx) gefunden. Als Wertschätzung gegenüber der Lithographie erhielt er den wissenschaftlichen Namen Archaeopteryx lithographica. Bisher wurden weltweit elf mehr oder weniger gut erhaltene Skelette der Gattung Archaeopteryx sowie eine einzelne Feder gefunden. Alle diese Fossilien stammten aus den Schichten des oberen weißen Jura in den Steinbrüchen bei Eichstätt, Solnhofen, Langenaltheim und Jachenhausen bei Riedenburg. Nach dieser Reise in die Geschichte kamen wir zu dem Grund unserer Reise ins Altmühltal. Wir wollten Fossilien suche und finden. Damit wir auch wissen wonach wir suchen, haben wir den Besuch in dem Bürgermeister-Müller-Museum in Solnhofen eingeplant. Man ist überwältigt, was in den letzten Jahrhunderten gefunden und zusammengetragen wurde. Von der Vielzahl der Fossilien möchte ich nur einige nennen: Es geht hier von der Saccocoma über Libellen, Garnelen, Pfeilschwanzkrebs, Schildkröte, Krokodil bis zum Riesenraubfisch. Die Attraktion war natürlich der Archaeopteryx, und für mich waren es auch die Quallen in dieser Größe.

Nach dem Museumsbesuch sind wir gleich in die Grube von Langenaltheim gefahren, um die Fische zu jagen. Obwohl wir einen bevorzugten Platz (auf der Sohle der Grube) erhielten, hat Solveig nur eine Sprotte gefunden. Wir wurden nicht nervös, denn wir hatten ja noch einige Tage vor uns. In den zwei Wochen unseres Aufenthalts im Altmühltal haben wir 4 Touristen-Steinbrüche angelaufen, um die Platten abzubauen und Fossilien zu finden. Unser 2. Aufschluss war der Fossiliensteinbruch Blumenberg. Zu unserem Bedauern klopft man hier zur Zeit in einer Schicht, die nicht sehr ergiebig ist. Unsere Funde waren auch dementsprechend mager.

Der nächste Klopfplatz war die Grube von Schamhaupten. Ein Sammler hat uns seine präparierten Fische aus diesem Steinbruch gezeigt und wir waren begeistert. Obwohl uns der Sammler warnte, mussten wir der Grube einen Besuch abstatten. Vor Ort mussten wir feststellen, dass wir nicht das richtige Werkzeug mit hatten. Um hier abzubauen sind ein 10 kg Hammer und eine 2 m Brechstange das richtige Gerät. Die fossilhaltigen Schichten sind unter den Kalkplatten von 20-30 cm Dicke. Während wir uns noch fragten, ob wir weiterfahren, verfrachtete ein einheimischer Sammler einen erfolgversprechenden Fisch in sein Auto.

In den folgenden Tagen haben wir öfter im Hobbysteinbruch von Schernfeld geklopft. Hier waren an mehreren Stellen die vielversprechenden Schichten zugänglich. Ebenso konnte auch recht gut im Abraum der aufgelassenen Grube gesammelt werden. Anke und Gerald bauten großflächig die Platten ab, während Solveig, Karsten und ich auf den Halden suchten. In diesem Steinbruch haben wir einige kleinere Fische, Saccocoma und Dendriten gefunden. Die großen Stücke blieben uns leider versagt. Obwohl auch die dicken Fische in den Gruben zu finden sind, muss man die berühmte Stecknadel im Heuhaufen finden. Und wir hatten das Glück bei dieser Reise nicht in unserem Gepäck.

Wenn man im Altmühltal auf Fossiliensuche ist, kommt man an den Jura-Museen nicht vorbei, um seine geplanten Funde zu besichtigen. Das Bürgermeister-Müller-Museum im Solnhofen habe ich bereits am Anfang beschrieben. Unser nächstes Ziel war die Willibaldsburg in Eichstätt. In diesen altwürdigen Mauern ist das Juramuseum mit seinen Fundstücken untergebracht. Was uns sehr gut gefallen hat, sind die Aquarien die uns die lebenden Fossilien (Fische, Korallen, Seeigel, Pfeilschwanzkrebse usw.) zeigten, die man in der Ausstellung mit den Jura-Fossilien vergleichen kann. Gleich am Anfang der großen Sammlung hat eine Sonderausstellung uns sprachlos gemacht. Der Titel war ganz einfach gehalten: „Frischer Fisch aus alten Zeiten“. Diese Fische, die in Ettling gefunden werden, haben eine Farberhaltung wie sie von uns noch niemand gesehen hat. Man könnte denken, dass sie direkt aus einem Fischgeschäft kommen. Leider ist die Grube für Besucher nicht freigegeben. In der Sammlung, die sich über mehrere Räume erstreckt, werden die Prachtstücke aus den 150 Jahren Sammlertätigkeit ausgestellt. Das geht vom Haarstern über Garnelen, Bodenhai, Riesenfisch bis zum über 5 m langen Krokodil. In einer Vitrine werden einige Kopien der gefundenen Archaeopteryx ausgestellt. Daneben kann man das Original des Eichstätter Exemplars vom Archaeopteriyx lithographica (H.v.Meyer 1861), das 1951 auf der Peterhöhe bei Eichstätt gefunden wurde.

Nach dem sehenswerten Museum statteten wir dem Museum für Ur- und Frühgeschichte, was ebenfalls in der Burg untergebracht ist, einen kurzen Besuch ab. Das dritte Museum, das wir besuchten, ist direkt neben dem Besuchersteinbruch am Blumenberg. Auf dem Gut Harthof ist das kleine Museum der Firma Bergér untergebracht. Hier sind nur Fundstücke untergebracht, die in den Steinbrüchen der Firma Bergér gefunden wurden. Über 800 verschiedene Tier- und Pflanzenarten sind in den Gruben ans Licht gekommen, und viele davon werden gezeigt. Auch hier wird in einer Vitrine die Geschichte des Urvogels erklärt. In der Lithographie (einem Steindruckverfahren) werden seit dem 18. Jahrhundert die Solnhofer Plattenkalke genutzt. Künstler nutzen heute noch diese Methode. Bei Bergér findet man eine voll funktionsfähige Lithopresse aus dem Jahr 1850. Fazit: Wenn man in der Gegend ist, sollte man alle drei Museen besuchen.

Damit war unser Kulturprogramm aber noch nicht zu Ende. Wir waren noch auf der Rosenburg und haben uns eine Flugvorführung der Falken, Adler und Geier angesehen. Hier wird die große Tradition der Falknerei lebendig erhalten. Die Tiere stammen alle aus der Zucht, die meisten sogar aus der eigenen Zuchtstation. Am Fuß der Rosenburg liegt Riedenburg mit seinem Kristallmuseum. Die Spezialität dieser Ausstellung sind die über 300 Repliken der legendären Historischen Diamanten und deren Geschichte über ihre Besitzer. Das zweite Highlight ist die 7,8 Tonnen wiegende Bergkristallgruppe aus den Bergen von Arkansas. In Pappenheim haben wir die Burg des Reichserbmarschall Gottfried Heinrich besichtigt. Solveig, Karsten und Anke waren noch in Weißenburg um den Limes zu besuchen. Damit waren unsere 14 Tage Altmühltal schon wieder zu Ende und es ging wieder in Richtung Norden.

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  • 01_Solnhofen_Naturpark_Altmühltal
  • 01a_Solnhofen_Ferienwohnung
  • 03_Solnhofen_Schildkröte_Solnhofia
  • 03a_Solnhofen_Riesenraubfisch_Strobilodus_giganteus
  • 04_Pfeilschwanz_Limulus_polyphemus
  • 05_Seeigel_Rhabdocidaris
  • 06_Besucher im Museum
  • 07_Arbeitsplatz_Grube
  • 08_Grube_Langenaltheim
  • 09_Grube_Blumenberg
  • 10_Willibaldsburg_Krokodil
  • 11_Willibaldsburg_Thrissops_ formosus
  • 12_Grube_Schernfeld
  • 13_Willibaldsburg_Eichstätter_Exempl_Archaeopteryx lithographica
  • 14_Bergér_Archaeopteryx
  • 15_Kristallmuseum_Bergkristall
  • 16_Kristallmuseum_Brilliant
  • 17_Falknerei_ Seeadler

Exkursion in eine Kiesgrube in Ostholstein

Text: Thomas Voigt

Die sich während der Eiszeiten über weite Teile Europas ausbreitenden Gletscher haben Gesteinsmassen aus Skandinavien abgetragen und vor sich her geschoben. Viele dieser Steine finden wir heute in meist abgerollter Form an den Küsten der Ostsee, aber auch im Landesinneren, wo sich stellenweise Meterdicke Sande und Kiese abgelagert haben. Diese werden heute unter anderem für Baustoffe verwendet und in Kiesgruben abgebaut. Um das vortragsfreie Sommerloch zu füllen, haben sich am 15.06.2024 sechs unserer Mitglieder getroffen, um eine solche Kiesgrube in Ostholstein zu besuchen, mit der Motivation in diesem Geschiebe spannende Funde zu machen.

Peter Parpart von der Geo AG in Kiel hatte bei dem Kiesgrubenbesitzer eine Genehmigung zur Begehung für uns erwirkt. Das machte die Exkursion sehr exklusiv, denn es gibt ja heutzutage nicht mehr viele Aufschlüsse, die man problemlos besuchen kann.

Im Rückblick waren die Wetterbedingungen für eine Exkursion ideal. Allerdings begann alles mit einem heftigen Regenschauer, der zum Glück aber nach einer halben Stunde blauem Himmel mit Schäfchenwolken gewichen ist. 

Als wir starteten, waren also die Steine frisch gewaschen, und wir legten voller Tatendrang los.

Die Kiesgrube ist riesig. Wir fanden schier endlose Gesteinhaufen mit allen Körnungsgrößen vor. Es war für jeden etwas dabei. Ein Sammler fand seinen ersten Klapperstein. Für die anderen gab es natürlich Seeigel und die üblichen Kleingeschiebe, teilweise perfekt erhalten. Beyrichien-Kalke, Paläoporellen, Stromatoporen gehörten ebenso dazu. Ein wunderschöner Brachiopode im Flint machte einen anderen Sammler glücklich. Auch fanden kristalline Geschiebe bei einigen Ästheten großen Anklang. Die grauen Kalke aus dem Ordovicium waren zwar zahlreich, aber dieses Mal leider fast ohne fossilen Inhalt. Ein Trilobit oder ein größerer Orthoceras wollte sich nicht zeigen. Zwei auffällige Dubiosa konnten nicht liegen gelassen werden. Sie bedürfen aber noch einer gründlichen Untersuchung. 

Das Material der Kiesgrube entstammte nicht ausschließlich dem lokalen Geschiebe, sondern war teilweise auch von weit her angefahren, zum Beispiel aus Polen oder von der Nordsee. Als Besonderheit fanden wir darin Geoden aus eisenhaltigem Sandstein mit Schalenresten von Krabben. 

Peter hat zum „Knacken“ von besonders harten Steinen wie z. B. Geoden eine Vorrichtung zum gezielten Spalten bereit gestellt. Damit kamen so manche Überraschungen zutage.

In diesem Zusammenhang ist auch zu berichten, dass eine aus alten Sammelbeständen mitgebrachte, kugelrunde, ca. 10cm große Geode, die sich trotz intensiver Bearbeitung mit diversen Werkzeugen in den vergangenen 30 Jahren erfolgreich dagegen gewehrt hatte, ihr Innenleben preisgegeben, sich leider als fossilleer entpuppte. Am Ende war das für den Besitzer der Geode aber trotzdem gut, denn endlich hat er nun Gewissheit. 

Für den späten Nachmittag hatte Peter in einem Griechischen Restaurant in Ascheberg am Plöner See einen Tisch für uns reserviert. Dort ließen wir es uns gut gehen. Wie jeder weiß, macht Fossiliensammeln ja richtig hungrig. Neben dem üppigen Essen gab es auch gute Gespräche und die Möglichkeit zum intensiven Austauschen von Neuigkeiten über unser gemeinsames Hobby. Es hat sich wieder gezeigt, wie wichtig solche Begegnungen mit anderen Sammlergruppen sind. 

An dieser Stelle möchten wir uns noch einmal ganz herzlich bei Peter bedanken, der dafür gesorgt hat, dass jeder von uns zufrieden mit ein paar schönen Funden nach Hause gefahren ist.

 

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Sammeln an der Steilküste Heiligenhafen

Text und Bilder: Karl-Heinz Zimmer

1 Heiligenhafen 2013Der Küstenabschnitt in Ostholstein, den man im Allgemeinen als „Steilküste Heiligenhafen“ bezeichnet, ist den meisten Fossiliensammlern aus dem Norden wahrscheinlich wohlbekannt. Etliche haben diesen Küstensaum sicher auch bereits unter die Lupe genommen. Insbesondere unter denjenigen Sammlern, die überwiegend, oder auch sporadisch, im Geschiebe Ihr Glück versuchen, hat dieser Teil der Küste einen guten Namen; oder hatte?

Viele Fossilienfreunde sind der Auffassung, daß sich das Sammeln entlang der heiligenhafener Steilküste nicht mehr lohnt, da diese Strecke bereits größtenteils ausgebeutet wurde und sich ein Besuch dort kaum als lohnend erweisen würde. Sie bedenken dabei aber nicht, daß dieser Küstenabschnitt immer noch ein sehr aktives Kliff ist und ständiger Abrasion unterliegt. Es finden also fast nach jedem Sturm neue fossilienhaltige Steine ihren Weg ans Tageslicht. Man muß sie nur noch entdecken. Sicherlich ist das Sammeln an dieser (und anderen) Küstenabschnitten oftmals mühsam. Denn obwohl sich rundum zumeist ein überaus beschaulicher Anblick bietet läuft man doch zumeist in mehr oder weniger gebückter Haltung am Strand entlang; den Blick zum Boden gerichtet und den Hammer immer griffbereit, um jederzeit dem gerade auserwählten Stein den Garaus zu machen. An manchen Tagen besteht allerdings die einzige Ausbeute aus jeder Menge selbst produzierter Steintrümmer, die keinerlei ersichtliche Fossilien irgendeiner Art enthalten. 
2 Heiligenhafen2009OrthoceraMan muß sich dann damit trösten, auf jeden Fall einen fantastischen Spaziergang an der frischen Seeluft hinter sich gebracht zu haben; egal wie auch das Wetter gewesen sein mag. An anderen Tagen wiederum kann man sich vor Fundmaterial kaum retten und so ein Rucksack kann ganz schön schwer werden auf der Strecke. Wenn man bei dem Campingplatz „Blank Eck“ (direkt neben dem Begrenzungszaun des Truppen Übungsplatzes Putlos gelegen) seine Tour entlang der Steilküste beginnt, dann hat man bis zum Ende, am Leuchtturm Heiligenhafen, ca. 6 km zurückgelegt. Die umgekehrte Strecke dürfte in etwa genau so lang sein. Man kann natürlich, wenn man keine Möglichkeit hat, sich am jeweils anderen Ende aufpicken zu lassen, einen Teil des Weges gehen, dann umdrehen und wieder zu seinem Wagen zurückkehren. Zugegeben, die imposanten Funde aus dem Geschiebe vor Augen die bereits gemacht wurden, auch die von Heiligenhafen, dann macht sich manchmal am Ende der Sammeltour, wenn ich wieder mal nichts gefunden habe, schon leichte Resignation breit. Dieses Gefühl hält aber nicht sehr lange an, denn bisher konnte ich fast immer etwas mit nach Hause bringen. Zumeist Fossilien aus dem Silur. Beyrichien-Kalke findet man so ziemlich jedes Mal in vielen Bandbreiten. Was diese Kalke an Fossilien enthalten ist mannigfaltig und, ich zumindest, werde nicht müde, mir diese Steine unter dem Mikroskop zu betrachten und die Variationen zu Bewundern und zu dokumentieren.
Bei fast jedem Besuch ist es mir bis heute auch gelungen zumindest ein oder zwei Trilobiten Schwanz- oder Kopfschilde zu finden. Meist klein, aber oh ho. Einen annähernd kompletten Trilobiten (Ogmasaphus praetextus) zu finden, ist mir allerdings bisher dort nur einmal gelungen. 3 Heiligenhafen 201 TrilobitDie Bandbreite der Fossilien, aus allen voreiszeitlichen Epochen, die hier entdeckt werden können, ist kaum zu überblicken; zumindest dann nicht, wenn man nicht nur schöne Ammoniten oder Ähnliches als sammlungswürdige Fossilien ansieht. Aber jeder nach seiner Fasson - so viele Fossiliensammler, so viele unterschiedliche Liebhabereien. Für mich bietet, insbesondere die Steilküste Heiligenhafen, zusammen mit etlichen weiteren Ostsee Küstenabschnitten mit Steilküste, eine einigermaßen gesicherte Fundbreite; eine schöne Wegstrecke beim Sammeln und last but not least, eine gute Alternative zu den Kiesgruben, die man ja legal kaum noch besuchen kann. Etwas liegt mir noch am Herzen. Die Stadt Heiligenhafen hat ein kleines Heimatkundemuseum, das im oberen Stock eine Sammlung überaus sehenswerter Fossilien, explizit von der heiligenhafener Steilküste, beherbergt.

Wer die Gelegenheit hat, sollte sich einen Besuch gönnen. Es lohnt sich sicher.

 

Exkursion in die Schillat-Höhle, Weserbergland, Nds.

Text: Jan Teuber

Die diesjährige Sommerexkursion des Naturwissenschaftlichen Vereins (NWV) in Hamburg hat in diesem Jahr das natour.NAH.zentrum Schillat-Höhle im Weserbergland zum Ziel. Durch die angestrebte Kooperation bot sich unseren Mitgliedern die Möglichkeit an der Exkursion teilzunehmen. Ausgerichtet wurde die Tour von der Höhlengruppe Nord e.V., die dem NWV angehört. Die Höhlenforscher kennen sich bestens in dem Karstgebiet Riesenberg aus, da sich die Arbeitsgruppe aktiv mit dem Schutz und der Erforschung der dort angestammten Höhlen befasst und sich für den Erhalt der Lebensgemeinschaften in ihnen einsetzt. So versprach die Exkursion nicht nur Informationen aus erster Hand, sondern auch neuste Erkenntnisse und tolle Einblicke in die Vereinsarbeit.

Das Karstgebiet Riesenberg liegt in der Region des nördlichen Weserberglands, ca. 50 km südlich von Hannover, wo Wesergebirge und Süntel ineinander übergehen. Während des Erdmittelalters haben sich in der Region Sedimentschichten abgelagert, die durch tektonische Bewegung herausgehoben wurden. Die heutige Gestalt erhielt das Weserbergland durch die erosive Kraft der Weser und ihrer Nebenflüsse, Wind und Eis, die im Laufe von Jahrmillionen den Kalk- und Sandstein teilweise abgetragen haben. So ist die Landschaft geprägt durch tiefe Täler, sanfte Hügel und bekannt für seine markanten Felsformationen wie die Hohenstein-Klippen.

Ausgehend von Spalten und Hohlräumen im Gestein, konnten in diesem Gebiet Höhlen entstehen. Wie wir auf der Exkursion erfahren haben, erfolgt dies durch Verkarstung - das Auflösen von Kalkstein durch Kohlensäure. Die Kohlensäure entsteht beim Versickern von Regenwasser durch Humusschichten, wobei das Regenwasser sauer wird. Das Wasser sickert so tief bis es auf eine undurchdringliche Gesteinsschicht trifft und auf dieser seitlich abfließt. Die so entstehenden unterirdischen Flüsse beschleunigen die Höhlenbildung zusätzlich durch das erosive Abtragen von Gestein.

Umgekehrt können durch das Wiederausfällen gelöster Minerale Tropfsteine entstehen. Diese konnten wir bei einer Führung durch die so entstandene Schillathöhle fast hautnah bewundern, denn niemand sollte die Tropfsteine anfassen. Der Fettfilm der Haut würde ausreichen, das Wachstum der Tropfsteine für sehr lange Zeit zu stoppen.

Die Höhle ist bequem über einen Fahrstuhl zugänglich, mit dem man auf eine Tiefe von 45 m fährt und sich so auf der Sohle des Steinbruchs befindet. In der Fachführung haben wir viel über die Geologie, aber auch über die Paläontologie der Höhle und der Region erfahren. Dabei konnten wir auch einige Fossilien entdecken. Die Decke der Höhle besteht aus der sogenannten Fossilschicht, in der zahlreiche Seeigelstacheln von dem damaligen Leben im Meer zeugen. Außerdem gibt es eine Ausstellung von regionalen Fossilien und Mineralien auf dem Weg durch die Höhle zu bestaunen.

Nach ca. 180 m endete die Höhle mit einem fantastischen Blick in den sogenannten ‚Märchenwald‘. Das nicht begehbare Ende der Höhle ist gesäumt von zahlreichen Stalagmiten und Stalagtiten.

Zurück geht es auf gleichem Wege, wobei wir diesmal den Fahrstuhl passieren und nach wenigen Metern auf die Gruppe Höhlenforscher treffen, die an diesem Tag aktiv ihrer Vereinsarbeit nachgehen. Die Termine wurden extra aufeinander abgestimmt. Genau wie einst die gesamte Schillat-Höhle ist dieser Teil der Höhle weiterhin vollständig mit Lehm gefüllt. Um zu einem vermuteten, bislang unentdeckten Höhlenraum zu gelangen, wird der sog. Lipper-Gang ergraben, der inzwischen eine Länge von 51 m hat. Wir können nur erahnen welcher Anstrengung es bedurfte diese Massen auszuräumen!

Wie wichtig die Forschungsarbeit ist, wird uns eindrücklich auf der Aussichtsplattform bewusst gemacht, die wir bei einem Rundgang um den Steinbruch erreichen. Zwar waren es insgesamt 180 m Höhle, die wir besichtigen konnten, jedoch sind weitere 450 m dem Abbau im Steinbruch zum Opfer gefallen. Wo einst die Höhle verlief, ist heute eine große Halde aufgetürmt. Diese besteht aus den für den Steinbruch unbrauchbaren Schichten aus dem Kimmeridge. Leider ist die Halde nicht zugänglich, da sich hier sicherlich viele tolle Fossilien finden ließen.

Dieses Schicksal blieb der Riesenberghöhle glücklicherweise erspart, die unsere zweite Station des Tages darstellte. Diese Höhle steht auch durch die Anstrengungen der Höhlenforscher unter strengem Naturschutz und darf lediglich zweimal im Jahr von einer kleinen Gruppe Höhlenforschern betreten werden. Um die Einzigartigkeit dieser Höhle einem breiten Publikum zugänglich zu machen, wurde diese vollständig digitalisiert. So war es uns möglich zunächst über einen 3D Film die Highlights zu erleben und anschließend über Virtual Reality Brillen die Höhle selbst zu erkunden. Wenn man den Kopf dreht, bewegt sich auch der angezeigte Bildausschnitt, so dass man einen vollständigen 360 ° Rundblick der 6 Höhlenräume hat.

Jedem von uns wird schnell klar, wieso diese Höhle so besonders und erhaltenswürdig ist. Anders als in der Schauhöhle, bei der beim Schaffen der Zugangswege Tropfsteine entfernt werden mussten, sind die Räume der Riesenberghöhle noch vollständig gesäumt von Tropfsteinen. Dabei enthalten sind fantastische Formen und Besonderheiten wie vorhangartige Flächen, Excentriques (entgegen der Schwerkraft wachsende Tropfsteine) und Palmentropfsteine (pagodenartige Tropfsteine). Außerdem kommen hier sehr seltenen Tropfsteine vor, die aussehen wie Korallen. Mit kleinen, kugelförmigen Tropfsteinen konnte nachgewiesen werden, dass der Süntel einst von dem Eisschild der Eiszeit bedeckt war, denn diese Form kann nur entstehen, wenn der Kalk auf einer Eisfläche ausfällt. Hierzu muss die Höhle komplett gefroren gewesen sein. Ein besonderes Highlight ist der weiße Bereich, ein mit Calcitkristallen bewachsener Raum.

Abgerundet wurde das Programm durch einen 3D-Film, der den Süntel und seine Umgebung mit den Augen eines Uhus zeigt.

Für uns ein rundum gelungener Tag, für den wir uns beim NWV und dem natour.NAH.zentrum Schillat-Höhle herzlich bedanken!

  • 01-Hang-Schillat-Hoehle
  • 02-Eingang-Grubensohle-Schillat-Hoehle
  • 03-Gruppe-in-Schillat-Hoehle
  • 04-Ammonit-vor-Eingang
  • 05-Fossilienausstellung
  • 06-Fossilienausstellung
  • 07-Seeigelstachel-an-Hoehlendecke
  • 08-Tropfstein
  • 09-Tropfstein
  • 10-Mrchenwald
  • 11-Mrchenwald
  • 12-Arbeit-am-Lippergang
  • 13-Blick-in-den-Steinbruch-mit-Halde
  • 14-3D-Film-Riesenberghoehle
  • 15-Virtual-Reality-Tour-Riesenberghoehle