Exkursion in die Schillat-Höhle, Weserbergland, Nds.

Text: Jan Teuber

Die diesjährige Sommerexkursion des Naturwissenschaftlichen Vereins (NWV) in Hamburg hat in diesem Jahr das natour.NAH.zentrum Schillat-Höhle im Weserbergland zum Ziel. Durch die angestrebte Kooperation bot sich unseren Mitgliedern die Möglichkeit an der Exkursion teilzunehmen. Ausgerichtet wurde die Tour von der Höhlengruppe Nord e.V., die dem NWV angehört. Die Höhlenforscher kennen sich bestens in dem Karstgebiet Riesenberg aus, da sich die Arbeitsgruppe aktiv mit dem Schutz und der Erforschung der dort angestammten Höhlen befasst und sich für den Erhalt der Lebensgemeinschaften in ihnen einsetzt. So versprach die Exkursion nicht nur Informationen aus erster Hand, sondern auch neuste Erkenntnisse und tolle Einblicke in die Vereinsarbeit.

Das Karstgebiet Riesenberg liegt in der Region des nördlichen Weserberglands, ca. 50 km südlich von Hannover, wo Wesergebirge und Süntel ineinander übergehen. Während des Erdmittelalters haben sich in der Region Sedimentschichten abgelagert, die durch tektonische Bewegung herausgehoben wurden. Die heutige Gestalt erhielt das Weserbergland durch die erosive Kraft der Weser und ihrer Nebenflüsse, Wind und Eis, die im Laufe von Jahrmillionen den Kalk- und Sandstein teilweise abgetragen haben. So ist die Landschaft geprägt durch tiefe Täler, sanfte Hügel und bekannt für seine markanten Felsformationen wie die Hohenstein-Klippen.

Ausgehend von Spalten und Hohlräumen im Gestein, konnten in diesem Gebiet Höhlen entstehen. Wie wir auf der Exkursion erfahren haben, erfolgt dies durch Verkarstung - das Auflösen von Kalkstein durch Kohlensäure. Die Kohlensäure entsteht beim Versickern von Regenwasser durch Humusschichten, wobei das Regenwasser sauer wird. Das Wasser sickert so tief bis es auf eine undurchdringliche Gesteinsschicht trifft und auf dieser seitlich abfließt. Die so entstehenden unterirdischen Flüsse beschleunigen die Höhlenbildung zusätzlich durch das erosive Abtragen von Gestein.

Umgekehrt können durch das Wiederausfällen gelöster Minerale Tropfsteine entstehen. Diese konnten wir bei einer Führung durch die so entstandene Schillathöhle fast hautnah bewundern, denn niemand sollte die Tropfsteine anfassen. Der Fettfilm der Haut würde ausreichen, das Wachstum der Tropfsteine für sehr lange Zeit zu stoppen.

Die Höhle ist bequem über einen Fahrstuhl zugänglich, mit dem man auf eine Tiefe von 45 m fährt und sich so auf der Sohle des Steinbruchs befindet. In der Fachführung haben wir viel über die Geologie, aber auch über die Paläontologie der Höhle und der Region erfahren. Dabei konnten wir auch einige Fossilien entdecken. Die Decke der Höhle besteht aus der sogenannten Fossilschicht, in der zahlreiche Seeigelstacheln von dem damaligen Leben im Meer zeugen. Außerdem gibt es eine Ausstellung von regionalen Fossilien und Mineralien auf dem Weg durch die Höhle zu bestaunen.

Nach ca. 180 m endete die Höhle mit einem fantastischen Blick in den sogenannten ‚Märchenwald‘. Das nicht begehbare Ende der Höhle ist gesäumt von zahlreichen Stalagmiten und Stalagtiten.

Zurück geht es auf gleichem Wege, wobei wir diesmal den Fahrstuhl passieren und nach wenigen Metern auf die Gruppe Höhlenforscher treffen, die an diesem Tag aktiv ihrer Vereinsarbeit nachgehen. Die Termine wurden extra aufeinander abgestimmt. Genau wie einst die gesamte Schillat-Höhle ist dieser Teil der Höhle weiterhin vollständig mit Lehm gefüllt. Um zu einem vermuteten, bislang unentdeckten Höhlenraum zu gelangen, wird der sog. Lipper-Gang ergraben, der inzwischen eine Länge von 51 m hat. Wir können nur erahnen welcher Anstrengung es bedurfte diese Massen auszuräumen!

Wie wichtig die Forschungsarbeit ist, wird uns eindrücklich auf der Aussichtsplattform bewusst gemacht, die wir bei einem Rundgang um den Steinbruch erreichen. Zwar waren es insgesamt 180 m Höhle, die wir besichtigen konnten, jedoch sind weitere 450 m dem Abbau im Steinbruch zum Opfer gefallen. Wo einst die Höhle verlief, ist heute eine große Halde aufgetürmt. Diese besteht aus den für den Steinbruch unbrauchbaren Schichten aus dem Kimmeridge. Leider ist die Halde nicht zugänglich, da sich hier sicherlich viele tolle Fossilien finden ließen.

Dieses Schicksal blieb der Riesenberghöhle glücklicherweise erspart, die unsere zweite Station des Tages darstellte. Diese Höhle steht auch durch die Anstrengungen der Höhlenforscher unter strengem Naturschutz und darf lediglich zweimal im Jahr von einer kleinen Gruppe Höhlenforschern betreten werden. Um die Einzigartigkeit dieser Höhle einem breiten Publikum zugänglich zu machen, wurde diese vollständig digitalisiert. So war es uns möglich zunächst über einen 3D Film die Highlights zu erleben und anschließend über Virtual Reality Brillen die Höhle selbst zu erkunden. Wenn man den Kopf dreht, bewegt sich auch der angezeigte Bildausschnitt, so dass man einen vollständigen 360 ° Rundblick der 6 Höhlenräume hat.

Jedem von uns wird schnell klar, wieso diese Höhle so besonders und erhaltenswürdig ist. Anders als in der Schauhöhle, bei der beim Schaffen der Zugangswege Tropfsteine entfernt werden mussten, sind die Räume der Riesenberghöhle noch vollständig gesäumt von Tropfsteinen. Dabei enthalten sind fantastische Formen und Besonderheiten wie vorhangartige Flächen, Excentriques (entgegen der Schwerkraft wachsende Tropfsteine) und Palmentropfsteine (pagodenartige Tropfsteine). Außerdem kommen hier sehr seltenen Tropfsteine vor, die aussehen wie Korallen. Mit kleinen, kugelförmigen Tropfsteinen konnte nachgewiesen werden, dass der Süntel einst von dem Eisschild der Eiszeit bedeckt war, denn diese Form kann nur entstehen, wenn der Kalk auf einer Eisfläche ausfällt. Hierzu muss die Höhle komplett gefroren gewesen sein. Ein besonderes Highlight ist der weiße Bereich, ein mit Calcitkristallen bewachsener Raum.

Abgerundet wurde das Programm durch einen 3D-Film, der den Süntel und seine Umgebung mit den Augen eines Uhus zeigt.

Für uns ein rundum gelungener Tag, für den wir uns beim NWV und dem natour.NAH.zentrum Schillat-Höhle herzlich bedanken!

  • 01-Hang-Schillat-Hoehle
  • 02-Eingang-Grubensohle-Schillat-Hoehle
  • 03-Gruppe-in-Schillat-Hoehle
  • 04-Ammonit-vor-Eingang
  • 05-Fossilienausstellung
  • 06-Fossilienausstellung
  • 07-Seeigelstachel-an-Hoehlendecke
  • 08-Tropfstein
  • 09-Tropfstein
  • 10-Mrchenwald
  • 11-Mrchenwald
  • 12-Arbeit-am-Lippergang
  • 13-Blick-in-den-Steinbruch-mit-Halde
  • 14-3D-Film-Riesenberghoehle
  • 15-Virtual-Reality-Tour-Riesenberghoehle